Dienstag, 23. Oktober 2007

Dienstag, 25. September 2007

"Dank verschiedener Analysen wird immer deutlicher, daß der
Begriff des 'Selbst' und aller seiner Synonyme (etwa Identität,
Individualität, auch Geist und Seele) keine Tatsache meint,
sondern etwas nur Virtuelles. Wenn ich mich selbst analysiere
(...), so stelle ich fest, daß 'ich' jenen abstrakten Punkt meint,
an dem sich konkrete Beziehungen verknoten. 'Ich' ist der Name,
der konvergierenden Beziehungen bezeichnet, und wenn alle
Beziehungen, eine nach der anderen, abgezogen werden, dann
bleibt kein 'Ich' übrig. Anders gesagt: 'Ich' meint, daß andere
'Du' dazu sagen. Die Informationsgesellschaft wäre demnach
eine Strategie zur Verwirklichung der Virtualität 'Ich' in der Vir-
tualität 'Du', also zum Abschaffen der Ideologie von einem Selbst
zugungsten der Erkenntnis, daß wir einer für den anderen da sind
und keiner für sich selbst da ist. Und Telematik wäre danach die
Technik, die eine Abschaffung des Selbst zugunsten der inter-
subjektiven Verwirklichung automatisch herstellt (...) [oder anders
gesagt] Telematik wäre die Technik, dank welcher räumlich und
zeitlich voneinander entfernte Menschen existentiell zusammen-
rücken können, um einander gegenseitig zu realisieren."
Flusser (1995b), S. 18/19










Dienstag, 11. September 2007

"(...) daß die Individualität, das sogenannte Ich, nicht ein
harter Kern ist, um den sich das menschliche Denken
kristallisiert, sondern daß der Mensch wie eine Zwiebel ist,
leer, eben ein Knoten von Fäden und daß wir nur da sind,
wenn wir mit anderen verbunden sind. Das Subjekt ist nur
Subjekt im Verhältnis zu irgendeinem Objekt, und das
Objekt ist nur Objekt im Verhältnis zu irgendeinem Subjekt.
Die wirkliche Gegebenheit ist die Beziehung."
(Flusser (1987), S. 36










Mittwoch, 5. September 2007

Das wohl wirkungsmächtigste, weil am weitesten verbreitete,
utopische Konzept für das Internet ist die californian ideology.
Ihre Protagonisten, die überwiegend der kalifornischen Computer-
und Wissenschafts-Szene entstammen, betrachten ihre Aktivitäten
als Arbeit an der Verwirklichung einer Netz-Kommunikation, die
dem Wesen des Menschen gerecht werden könnte; dem Netz wird
folgerichtig die Möglichkeit zugeschrieben, die ideale Gesellschaft
tatsächlich implementieren zu können. Die Vertreter der kalifor-
nischen Ideologie verstehen sich ausdrücklich nicht als Utopisten,
sondern als politisch Handelnde. Deshalb versuchen sie, haupt-
sächlich über Strategien der Publizität, Aufmerksamkeit für ihre
Ideen zu erlangen und diese durchzusetzen. Mittel hierfür sind
zum einen die Besetzung strategischer Positionen in Computer-
Industrie und Computer- wie Geisteswissenschaft, sowie die
Gründung von Pressure Groups , um den Diskurs über die
sogenannte Informationsgesellschaft beeinflussen zu können.
Wichtigste der Internet-Pressure-Groups aus diesem Kontext
ist die Electronic Frontier Foundation.










Donnerstag, 30. August 2007

Bei aller Heterogenität der von den Protagonisten ver-
tretenen Gesellschaftsentwürfe kann man als den
gemeinsamen Referenzpunkt, als Basis-Utopie, den
Gründungsmythos des american way of life feststellen.
Die Utopie der kalifornischen Ideologie leitet sich direkt
aus der Geistesgeschichte der USA ab und bezieht sich
ausdrücklich zurück auf die Frühphase der Kolonisierung
Nordamerikas durch europäische Einwanderer im 18. Jahr-
hundert. Die EFF beispielsweise sieht sich als Bürgerrechts-
bewegung, die im Internet die Grundsätze der amerika-
nischen Verfassung durchsetzen will:
The Electronic Frontier Foundation works to ensure that
the civil liberties guaranteed in the Constitution and the
Bill of Rights are applied to new communications technologies.
(Selbstbeschreibung der EFF)